PDF der Jubilaeumsschrift-40-Jahre-MCWK
40 Jahre MCWK
Wittenbach-Kronbühl: Vielen EA-Leser, für welche die Schweiz hinter Winterthur aufhört, mag dies orientalisch klingen – aber es ist dies beileibe nicht so! Der Kanton St. Gallen ist ein fruchtbarer Boden für gute Modellbahnklubs, einer von ihnen ist der Modelleisenbahn-Club Wittenbach-Kronbühl nördlich der Kantonshauptstadt an der BT-Strecke nach Romanshorn gelegen.
Text: Rolf Keller / MCWK
Schwergewicht: Modellbahnanlage
Der 1976 gegründete MCWK wurde bereits an der SVEA-DV 1979 in Uster in den Verband aufgenommen und wagte es bereits 1986 eine Solche durchzuführen! Da muss wohl eine starke und motivierte „Mannschaft» dahinter stehen. Dem Berichterstatter, der von der Existenz des Klubs wusste, aber noch nie die Gelegenheit hatte deren Lokalitäten aufzusuchen, wurde positiv überrascht! Sicher würde dies mancher, welcher kaum ostwärts über Winterthur hinauskommt, auch neidlos gestehen müssen.
Wenn man die MCWK’ler über ihre Interesse fragt, wird klar den Anlage- und Modellbau als Antwort hören. Es ist deshalb erklärbar, dass das grosse eigne 1980 (in Rekordzeit) erbaute Klublokal Dimensionen aufweist, welche auch manchen Spur-0-Klub „rüberschielen“ lässt.
Aber, es ist klar, dass auf dem Programm des Klubs nicht nur Bauabende figurieren – vor allem Besuche bei andern Klubs aber auch solche bei Bahnunternehmungen gehören zur „Weiterbildung“, dienen dazu wieder neue Ideen, Einblicke, Techniken kennen zu lernen. Auch die Kameradschaft soll nicht zu kurz kommen und so sitzt man nach getaner Arbeit auch gerne im gemütlichen Lokal bei Wurst und Bier, diskutiert und tauscht Neuigkeiten aus. Fahrzeuge werden begutachtet, Probleme angesprochen und einer Lösung zugeführt, Selbstgebautes unter die Lupe genommen und natürlich auch die eigene Nenngrösse als die einzig Richtige hingestellt. Daraus ergeben sich natürlich erheiternde rhetorische Wortgefechte, welche der Kameradschaft das „gewisse Salz“ geben.
Nebst den eignen Anlagen werden auch noch Module gebaut, so der BT-Bahnhof Mogelsberg, welcher zum Jubiläum 75 Jahre BT entstanden ist.
Eigenes Klubhaus
Was bei vielen grossen städtischen Klubs eher seltener, ist bei „ländlichen“, regional verankerten Modellbahnklubs eher möglich: ein eigenes Klubheim oder -haus! Wenn man bedenkt, dass der MCWK schon nach kurzem Bestehen sein eigenes Heim besass, ist dies doch bemerkenswert. Allerdings ist das Mitmachen an lokalen Veranstaltungen ein Schlüssel für solche Ziele, welches auch hier mit Arbeit der einzelnen Klubmitglieder (und meist auch deren Partnerinnen!) verbunden ist. Doch zahlt sich dies praktisch immer wieder aus und öffnet Tür und Tor für die Anliegen des «hiesigen» Klubs.
Nachdem am 4. Nov. 1976 sechs Modellbahn-Enthusiasten den MCWK gründeten konnten schnell weitere Mitglieder aufgenommen werden. Bereits im Februar 1977 konnte ein verwahrloster Raum übernommen werden, im Dezember gleichen Jahres konnte der Öffentlichkeit dieser und eine im Bau befindliche Anlage vorgestellt werden. Bereits damals wurde zugleich ein Occasionsmarkt, welcher zur Tradition werden sollte, durchgeführt. Doch die extremen Temperaturunterschiede waren keine gute Grundlage für den Anlagebau. 1978 wurde ein Dorffest durchgeführt und der junge Klub wurde angefragt, ob er die beiden Festplätze mittels einer Bahn verbinden könne. So wurden zwei Stollenloks in desolatem Zustand übernommen und flottgemacht, Rollwagen zusammengestellt und mittels 410 Meter 60cm – Geleise die gewünschte Verbindung durch den KWE (Kronbühl-Wittenbach-Express) hergestellt und betrieben (für Statistiker: 224 Fahrten!). Solche Anlässe, sowie die alljährlich durchgeführte Tombolas waren und sind auch heute noch finanzielle Standbeine des MCWK. Der Mitgliederbeitrag wurde in den 40 Jahren (trotz EA-Preissteigerung!) nur einmal angehoben und beträgt für Aktivmitglieder Fr. 240.–, Jugendliche (bis 18 Jahren) Fr. 100.–, Passive mit EA Fr. 115.–.
Welcher Klub kann sich rühmen, innerhalb eines Jahres ein eigenes Klubhaus zu besitzen? Im Februar 1982 war das Gebäude bezugsbereit. Nach den vorher gemachten schlechten Erfahrungen wurde das Haus bestens isoliert, so dass die Betriebskosten der vorhandenen Elektroheizung pro Jahr ca. bei1‘500 Franken liegen! Wer sich im Haus nicht wohl fühlt, dem «kann nicht geholfen» werden, möchte da der (fremde) Chronist klarstellen.
Dass 10 x 15 Meter grosse Gebäude unterteilt sich in den Anlageraum von 10 x 10 Meter, den Aufenthaltsraum von 5 x 7 Meter und die Werkstätte. Jedes Aktivmitglied besitzt einen Schlüssel und kann so unabhängig und nach Lust und Laune an den Anlagen arbeiten oder Fahrbetrieb machen.
Gut ausgerüsteter Aufenthaltsraum
Dass es dem MCWK ernst ist mit dem Anlagebau sieht man einerseits in der hohen Qualität des bisher Erreichten und der eingesetzten Werkzeuge und Materialen. Wer den EA 4/86 als Vergleich zu Rate zieht und die dortigen Bilder mit den Heutigen vergleicht, kann feststellen, dass das damals gewählte Konzept, zwar etwas angepasst, aber im Grundsatz beibehalten und zielstrebig daran gearbeitet wurde. Etwas fällt dem Besucher auf: eine ganze Wand voll (mittels Schlüssel) abschliessbarer Kästchen! Was es damit zu tun hat? So einleuchtend wie einfach die Antwort: Jedes Mitglied kann dort sein persönliches Werkzeug, seine Modelle usw. versorgen und muss für den Arbeitsbeginn nicht „seine sieben Sachen“ zusammensuchen. Nebst Arbeitsplatz für den Modellbau (Fahrleitungsmasten löten, Bäume zurechtstutzen, Fahrzeuge instandhalten u.a.) können problemlos Dia- und Filmabende, ja sogar Baukurse (zur Zeit etwas in den Hintergrund getreten) durchgeführt werden. Auch die Versammlungen und weitere Aktivitäten können in den „eigenen vier Wänden“ stattfinden.
Klubwerkstatt
Wenn der Leser glaubt, dass die Hauptbauaktivitäten im Klublokal stattfinden, so muss er enttäuscht werden: dazu ist eine gut ausgerüstete Werkstätte eingerichtet. Holz- und Metallbearbeitungsmaschinen sind vorhanden, so dass praktisch alle anfallenden Arbeiten erledigt werden können. Von den zur Zeit 24 Aktivmitglieder (inkl.4 Junioren / bis 18 Jahre) arbeiten bis 70 Prozent an den beiden Anlagen N/Nm und H0/H0m mit. Sicher ist es angenehmer und motivationsfördernd in einer solch gut ausgerüsteten Werkstatt zu arbeiten. Mancher mitgliederstärkere Klub mag hier «neidisch» werden.
Anlagen
Die beiden Nenngrössen N und H0 mit den jeweiligen schmalspurigen Meterbahnen wurden von den Klubmitglieder erkoren, gebaut und betrieben. Auch zum BT-Jubiläum erstellte der Klub unter anderem im Nennmassstab H0 den Bahnhof Brunnadern-Neckertal sowie andere BT-Bauten im Ausstellungszug der Öffentlichkeit vor.
Für die Mitglieder des MCWK ist eines klar: das Publikum möchte Züge im Betrieb erleben. Auf den im Bau befindlichen Anlagen ist deshalb zur Zeit kein grosser Rangierbetrieb vorgesehen. Eingebaut ist eine Gebhard-Block-Steuerung, in N etwas einfacher als H0. Die Jahre 1960 – 80 dienen als Vorbild für den Anlagebau.
Da bekanntlich jeder jederzeit an den Anlagen arbeiten kann, ist eine klare Koordination nötig: Was beschlossen wurde, wird umgesetzt! Verantwortlich für das gesprochenen Budget (ungefähr Fr. 1‘200.– pro Jahr und Spur) sind die Anlagechefs der vier Nenngrössen, ohne deren «OK“ wird nichts eingekauft, bezahlt oder eingebaut. Was in den Anlagen verbaut wird, gehört dem Club. Rollmaterial wird privat, wie auch klubeigenes eingesetzt. Die Fahrzeuge sind markiert. Jedes Mitglied hat seine Farbe. So besteht die Möglichkeit, dass jedes Fahrzeug auf der Anlage in Betrieb gesetzt werden kann und für den Besitzer erkennbar bleibt.
N/Nm – Anlage:
Ungefähr 340 m N-Geleise sind verbaut, 48 Weichen können benutzt werden. Als Vorbild dient die BT-Strecke mit den Bahnhöfen St.Fiden und Haggen sowie das grosse Sitterviadukt. Mittels Drucktastenstellwerke werden die Bahnhöfe gesteuert, die Blockanlagen übernehmen die Überwachung der Strecke.
In der Nenngrösse Nm wurden ca. 25 Meter Gleise und 10 Weichen eingebaut. Das Vorbild – wie könnte es anders sein: die Rhätische Bahn. Dabei ist zu sagen, dass diese Bahn in der besagten Spur nicht gerade mit Fahrzeugen überschwemmt wird. Aber der Anlagechef weiss sich schon zu helfen: man baue einen Prototyp eines RhB-Zuges und lasse ihn dann als Äetzplatte zeichnen und mache daraus einen Bausatz! Nur – so leicht wird dies auch nicht, in diesem Massstab braucht es schon ein wenig Fingerfertigkeiten und gutes Auge – die Wittenbacher haben es geschafft.!
Landschaftlich bietet die Anlagen nebst einem Stausee, dem schon erwähnten Viadukt und den Bahnhöfen doch noch anderes: Motive vor allem aus dem Appenzellerland und dem Toggenburg. Schöne Gebäude, heckenumsäumte Wege und Strassen, auf die Baubewilligung für den Häuserbau wartende Profilstangen, schöne Geländepartien mit verfeinerten handelsübliche Bäumen. Jeder weiss, wie die schönen Plastiktannen aussehen – nur das verleidet, also werden diese „zerrupft“, zusätzlich beflockt und neu gespritzt. Nun sehen diese nicht mehr so uniform aus. Aber für eine N-Anlage braucht es schon einige Hunderte . . .!
Und wenn es heiss wird? Möchten Sie da nicht auch unter den kühlen Wasserfall stehen?
Selbst das Tanzbein wird geschwungen: bei Ländlermusik (vielleicht auch Rock?) drehen auf einem Festplatz die Tanzpaare ihre Runden! Die Umgebungsarbeiten werden dort zu einem schönen Teil von den jugendlichen Mitglieder hergestellt. Interessanter Weise sieht man keinen Unterschied oder gar einen „Röschtigraben“ zwischen Jung und Alt, denn jeder Junior hat einen Götti der in beaufsichtigt. Und das ist gut so! Gut machen sich auch die Schrebergärten entlang des Bahngeleises.
H0/H0m – Anlage
Schon etwas grösser präsentiert sich die recht weit gediehene Anlage im Massstab 1:87. Mit ungefähr 110 Weichen und 660 m eingebauten Geleise in der Normalspur sowie 15 Weichen und 35 m Schmalspurgleis für die Rhätische Bahn werden hier schon Akzente gesetzt. Darunter werden auch noch (gleich wie bei der N-Anlage auch) Schattenbahnhöfe versteckt: 15 Normalspurgeleise mit bis zu 3,5 m Länge können da schon einiges an Rollmaterial aufnehmen und «verstecken». Nebst dem Hauptbahnhof wurde der Bahnhof von Wittenbach auf der Anlage verwirklicht. Einige grosse Brücken, darunter auch Stahlkonstruktionen mit Fachwerk fallen auf. . Für Vielfalt im Betrieb ist gesorgt.
Auf der HO Anlage wird mit Gleichstrom analog gefahren. Seit über 20 Jahre sind modifizierte Brems-Anfahrbausteine von Gebhard im Einsatz. Diese analogen Block-Bausteine steuern die doppelspurige Hauptstrecke völlig autonom ohne PC- Unterstützung. Um den Fahrbetrieb im 12 Gleisigen Hauptbahnhof attraktiver zu gestalten wurde vor 5 Jahren der HB Steuerungstechnisch überarbeitet. Es bestand weiterhin der Anspruch ohne Digitalbausteine in den Loks auf der HO Haupt-und Nebenstrecke auszukommen. Dazu wurde in die technische Trickkiste gegriffen. Die Fahrstromeinspeisung ist auch im HB mit den Gebhard Blockbausteinen realisiert.
Die benötigte Fahrstrassenlogik des HB’s ist mit den umfangreichen Möglichkeiten der Railroad Software von Freiwald (RR) realisiert worden. Auf dem Tastenstelltisch werden durch Start- Zieltasten vordefinierte Fahrstrassen im RR aufgerufen. Die Software prüft dessen Verfügbarkeit, wie etwa keine querende Fahrstrasse gesetzt und keine Gleisabschnitte belegt sind. Zudem steuert sie die beteiligten Weichenantriebe und schaltet den Fahrstrom an die zu befahrenden Gleisabschnitte Sektorenweise zu. Ist der Stellvorgang der Fahrstrasse korrekt erfolgt, wird diese auf dem PC Bildschirm angezeigt und die Fahrt für den wartenden Zug freigegeben. Die SW überwacht zudem die Zugfahrt und regelt deren Geschwindigkeit anhand der Rückmeldern in den Gleisabschnitten. Mit dieser digital-analog Anschaltung ist trotzdem auch Pendelzugbetrieb auf allen 10 Durchfahrtsgeleisen möglich. Es kann auch eine weitere querende Fahrstrasse vorgestellt werden, die automatisch ausgeführt wird, sobald die vorangehende Fahrstrasse durch den befahrenden Zug aufgelöst wurde.
Auf der HOm Bahn wird mit Lokbausteinen und Handregler im DCC Digital Technik Fahrbetrieb gemacht. Die Weichenansteuerung und Belegungsrückmeldung ist mit Digitalbausteinen ohne unterstützende PC Software realisiert worden.
Alle Fahrzeuge werden mittels Leitlack zur Rückmeldung herangezogen, so dass auch allfällig verlorene Fahrzeuge erkannt werden und keine Auffahrunfälle vorkommen.
Im Gegensatz zur N-Anlage mit gleicher Technik ist hier die Dauerzugsbeleuchtung vorhanden. Die Anlage ist nicht für Fahrleitungsbetrieb vorgesehen aber diese ist bereits dort erstellt, wo der Landschaftsbau fertig gestellt worden ist. Der Bahnhof Trin der RhB wird mittels versteckter Videokamera überwacht, so dass der herrliche Einschnitt vor dem Tunnel beobachtet werden kann. Auch hier ist eine typische RhB-Fahrleitung vorhanden.
Auch hier fallen einige markante Toggenburger- und Appenzellerhäuser auf. Gut macht sich auch die Arbeitersiedlung aus drei gleichen Gebäuden mit ihrem Umschwung. Zum Nachahmen auf grösseren Anlagen sei dies empfohlen!
Übrigens: der Rebberg wird vom Ökonomen hergestellt und vom Ökologen eingebaut! Ob der Önologe (Weinbaufachmann) nachher den Wein trinken wird? Auch hier fallen die verbesserten Bäume wohlwollend auf, auch wenn noch viele «zu wachsen haben». Äusserst positiv wirkt sich die grosszügige Hintergrundkulisse aus, vor allem wenn der Übergang geschickt kaschiert wird.
In beiden Anlagen sind Strassen integriert und darauf findet ein reger Autoverkehr statt.
Wagenbaukurse und Jugendarbeit
Nicht vergessen möchten wir die angebotenen Wagenbaukurse in den ersten Jahren, zurzeit stehen diese aber im Hintergrund, der Anlagebau erfordert noch einiges an Arbeit! Aber eines Tages wird ein solcher sicher wieder akut.
Der MCWK schätzt sich glücklich, jungen Nachwuchs zu haben. Man ist auch des Lobes voll: das seien alles aufgestellte und flotte Burschen! Mit dem Göttisystem mache man beste Erfahrung: jeder Jugendliche hat einen Erwachsenen als «Aufpasser», pardon – als Betreuer und Berater. So kann zurzeit jeder Jugendliche Module erstellen oder an der Anlage mitbauen, wobei er seine Ideen verwirklichen soll. Der Götti hilft mit Rat und Tat mit, macht ihn auf Probleme aufmerksam und hilft mit diesen zu umgehen. Auch den Gebrauch des richtigen Werkzeuges will gelernt sein – sicher wesentlicher Teil zum guten Gelingen des Projektes. Dem Berichterstatter ist aufgefallen, dass im MCWK diese Jugendliche ernst genommen werden und nicht ein Schattendasein fristen: sie können wie geschrieben auf den Anlagen mitarbeiten und – die «Jungen» machen Betrieb – die «Alten» schauen zu!